Anlehnungsprobleme und ihre Auswirkungen
Als allererstes muss man sich über die einzelnen Begriffe der Reitlehre im Klaren sein.
Zuerst einmal was ist Anlehnung?
- Anlehnung ist, der nach Takt und Losgelassenheit, 3.Punkt der Ausbildungsskala. Somit wird auch klar, Anlehnung ist erst möglich, wenn die 2 ersten Anforderungen der AS erfüllt sind. Anlehnung ist die stete, weich-federnde Verbindung zwischen Reiterhand und Pferdemaul.
- Die Anlehnung ist niemals starr, sondern dynamisch. Sie wird manchmal etwas stärker und dann wieder leichter.
- Anlehnung bedeutet nicht, das Pferd an den Hilfen zu haben
Was bedeutet am Zügel?
Ist die Anlehnung da, treibt man das Pferd bei stehender Hand in den Zügel (durchhaltende Zügelhilfe). Es wird daraufhin mit den Hinterbeinen besser untertreten, sich vorne ein wenig aufrichten und dem Druck auf das Maul nachgeben. Seine Nasen–Stirnlinie steht nun idealerweise eine handbreit vor der Senkrechten. Je nach Ganaschenfreiheit kann der Winkel bis zu 40° betragen. Das ist die Position, in die der Kopf aufgrund der Schwerkraft ganz von alleine fällt, wenn das Pferd ihn nicht durch Muskelkraft festhält. Da der Begriff «am Zügel» die Aufmerksamkeit eigentlich nur auf den Kopf des Pferdes lenkt, ist er mit Vorsicht zu genießen. Alleine die Haltung des Kopfes macht nämlich noch kein korrekt gerittenes Pferd aus.
Wichtig |
Ein Pferd das den Kopf an der Senkrechten hält und dabei nicht über den Rücken geht, steht nicht korrekt am Zügel |
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Was bedeutet durchs Genick?
Man kennt das Gefühl, dass die Hilfen irgendwie nicht durch das ganze Pferd durchkommen ? Bei einem Pferd, das nicht durch`s Genick geht, bleiben sie irgendwo im Pferd stecken. Geht es hingegen durchs Genick, hat man das Gefühl, dass eine Verbindung vom Maul bis zur Hinterhand besteht. Die Hilfen fließen ohne Blockade durch`s ganze Pferd hindurch. Man spürt es in der Hand, wenn man die Hinterhand des Pferdes herantreibt. Das Pferd gibt im Genick nach, seine Bewegungen und die Verbindung zum Maul fühlen sich weich an. Das Genick (liegt direkt hinter den Ohren) ist der höchste Punkt des Pferdes.
Übertreibt man es mit dem «durchs Genick stellen» oder will das Pferd in die Haltung zwingen, kommt meist der sogenannte «falsche Knick» dabei heraus. Das Pferd gibt dann nicht mehr im Genick, sondern im dritten und vierten Halswirbel nach. Der Hals ist nicht mehr gleichmäßig gebogen; man sieht mehr oder weniger deutlich den Knick hinter dem Genick. Das Pferd kommt mit dem Genick zu tief, rollt sich oftmals auch auf. Korrekt wäre, wenn das Genick der höchste Punkt ist. Auf der Abbildung l sieht man, dass ein solches Pferd eigentlich gar nicht am Zügel geht, auch wenn es auf den ersten Blick so aussehen mag. Würde es nämlich nicht hinter dem Genick abknicken, ginge es für alle leicht erkennbar gegen oder gar über dem Zügel ! Ein Pferd, mit falschem Knick muss sich mächtig anstrengen um seine Haltung beizubehalten. Eines, das hingegen über den Rücken und korrekt durchs Genick geht, braucht nur wenig Arbeit zu leisten. Wenn es im Genick nachgibt, fällt sein Kopf infolge der Schwerkraft ganz von allein in die korrekte Position.
Immer wenn eines der vorgehenden Synonyme nicht durch reelle reiterliche Arbeit, sondern durch Hilfszügel oder stärkeren Handeinsatz erreicht werden soll, gibt es Probleme.
Eines dieser Probleme ist, dass das Pferd die Bewegung blockiert und stehen bleibt.
Jetzt mit stärker treibenden Hilfen zB. Sporen oder Gerte zu reagieren wäre grundsätzlich falsch und führt immer auf den falschen Weg. Selbst wenn kurzfristig eine Besserung eintritt, wird man nie eine richtige Erfüllung nach der Skala der Ausbildung erreichen. Die Probleme verschieben sich dann, wenn man verschiedene Lektionen vom Pferd abrufen will.
Das Hauptproblem ist, wie mein Mentor Egon v. Neindorff immer wieder betonte, die Fähigkeit und der Gedanke des Menschen mit den Händen alles erschaffen zu können.
Ein Irrglaube.
Wie aber sieht die Einwirkung mit der Hand aus, wie setzte ich die Zügelhilfen richtig ein ?
Die natürliche individuelle Haltung und den freien Gang des Pferdes darf die Zügelhand niemals stören.
Die richtige Wirkung der Reiterhand ist vergleichbar mit einem Sieb. Den Durchfluss der Bewegung von der Hinterhand bis zum kauenden Maul soll die Zügelhand niemals unterbrechen, sondern ihn gleichmäßig filtern. „Die Hand steht still und bewegt sich doch“ ein oft zitierter Satz meines Mentors.
Gemeint ist damit das die Hand keinerlei formgebende Bewegungen macht. Still und unbeweglich steht sie eine handbreit über dem Wiederrist und eine Handbreit auseinander. Bereit das aufzufangen und durchzulassen, zu filtern, was Kreuz und Schenkel ihr zutreiben. „Und Sie bewegt sich doch…“ dies bedeutet, die Hand ist nicht starr, sondern dynamisch. Sie geht in der Bewegung des Genicks mit und lässt die Bewegungen zu ohne Sie zu stören. Der Reiter muss in der Lage sein das kauen des Pferdes am Gebiss in der Hand zu spüren.
Sobald das Pferd im Maul leicht wird, muss die Reiterhand noch leichter werden.